Lesen bedeutet Eintauchen in eine andere Welt. Lesen entspannt, berührt, öffnet Türen in andere Leben und Tore zu fremden Welten. Wir erfahren über frühere Zeiten, über Magie und Fantastisches, begleiten unsere Heldinnen und Helden durch ihre Abenteuer, weinen, bangen oder freuen uns mit ihnen.
Kindern eröffnet sich diese Welt meist nicht gleich zu Beginn ihrer Leselaufbahn. Bevor die Figuren Gestalt in ihren Köpfen annehmen können, muss erst die Brücke zu ihnen gebaut werden: mit Buchstaben, Silben, Wörtern und Sätzen. Erst wenn Silben und Wörter ohne große Anstrengung gelesen werden können, so wird es Kindern möglich, in Geschichten einzutauchen.
Gerade am Anfang der Leselaufbahn oder wenn dein Kind kleinere oder größere Probleme beim Lesen hat, braucht es Hilfe, um über den Leseprozess in Geschichten zu finden.
Am Anfang steht also Lesen L E R N E N
Wie gelingt es dir nun, deinem Kind das nötige Rüstzeug für seinen Leseweg mitzugeben?
Weihnachten steht vor der Tür. Du möchtest deinem Kind so gern ein Buch schenken. Doch du weißt jetzt schon, dass es nur die Bilder anschauen wird. Du befürchtest sogar, dass es das Buch vielleicht niemals zu lesen beginnen wird, geschweige denn es zu Ende liest.
Ich behaupte: Doch!
Probiere es mit den folgenden Tipps & Tricks. Sie helfen deinem Kind, die Freude am Lesen zu entdecken:
1. Buchauswahl
Sucht am Beginn eurer Lesereise ein richtig, richtig tolles Buch aus. Auch wenn dein Kind bereits Bücher mit kleinerer Schrift, weniger Bildern und mehreren Seiten lesen sollte als noch vor einem Jahr, wähle für euer tägliches Lesevergnügen gerne eine leichtere Variante aus. Denn hier geht es um Spaß am Lesen! Indem du Hürden aus dem Weg schaffst, bleibt dein Kind mit Freude an eurem Projekt und der Weg zur Lesefreude wird einfacher.
2. Gemütliche Leseumgebung
Mache Lesen zum Glücksmoment. Du kennst das vielleicht: Auch du machst es dir beim Lesen gemütlich. Teile diese Erfahrung mit deinem Kind. Schnappt euch ein Buch, sorge für ausreichend Leselicht und mümmelt euch in eine flauschige Decke.
3. Ritual
Macht ein Ritual daraus. Vereinbart eine gemeinsame Lesezeit. Zum Beispiel jeden Tag 20 Minuten (etwa während das kleine Geschwisterchen schläft, nach der Kaffee-Jause oder vor dem zu Bett gehen,…). Wenn du merkst, dass es zu viel wird, reduziert am nächsten Tag um fünf Minuten.
4. Tandem lesen
Beim täglichen miteinander Lesen gehören mindestens zwei Leute dazu. Also wechselt euch ab: einen Absatz du, einen Absatz dein Kind. Bei Büchern für die 1. und 2. Schulstufe (große Schrift und viele Bilder) kannst du auch eine seitenweise Abwechslung ausprobieren.
5. Rechtzeitig aufhören
Auch wenn es gerade spannend ist, hört zur vereinbarten Zeit auf. So bleibt dein Kind neugierig und sein Verlangen auf eine baldige Fortsetzung steigt. Schaffe also Neugier und Lust auf mehr, indem du die tägliche Lesezeit nicht überziehst!
6. Geschichte im Vordergrund, Lesen im Hintergrund!
Sprich nicht vom Lesen. Sprich davon, heute erfahren zu wollen, wie die Geschichte weitergeht. Es hat gestern so spannend aufgehört, nun wollt ihr erfahren, was heute passiert. Frage zwischendurch immer wieder mal nach: „Was passiert denn gerade?“, „Wie geht es jetzt der Hauptfigur?“, „Was würdest du nun machen?“, „Was glaubst du, wie es nun weitergeht?“, etc.
7. Silben und Wörter lesen
Wenn es holprig wird, übe dich in Geduld! Lass deinem Kind Zeit, die Wörter und Sätze zu lesen. Sei dir bewusst: Dein Kind muss die Buchstaben erst einmal erkennen, dann zu Lauten umformen und diese wiederum muss es miteinander verbindend lesen. Vor allem am Anfang dauert das einfach länger. Du wirst aber sehen: Liest dein Kind täglich 10 – 20 Minuten, so wirst du wöchentlich Fortschritte erkennen!
8. Zeigen oder Leselineal
Hat dein Kind Schwierigkeiten beim Zusammenlauten der einzelnen Buchstaben, so kann es mit dem Finger mitzeigen. Das hilft immens! Du könntest deinem Kind auch ein Leselineal anbieten. Mit Hilfe von Zeigefinger oder Leselineal verschwimmen die Buchstaben nicht so leicht und dein Kind kann die Reihenfolge der Buchstaben besser erkennen. Dadurch stolpert es nicht so leicht über Buchstaben und Silben, das „Erraten“ von Wörtern nimmt ab.
9. Silben und Wörter lesen oder Textverständnis?
Dein Kind bekommt von seiner Lehrerin oder seinem Lehrer Lesehausaufgabe. Unterscheide hier bitte zwischen dem Erlernen des Lesens selbst (also das Zusammenlauten und Artikulieren der einzelnen Silben und Wörter) und dem Textverständnis. Hat dein Kind Schwierigkeiten mit seiner Aufgabe, so teile sie in zwei Teile: einerseits in Übungen zur Leseflüssigkeit, andererseits in Übungen für ein besseres Textverständnis.
10. Sei ein Vorbild!
Vielleicht am wichtigsten: Sei ein Vorbild! Liegen bei euch zuhause Bücher herum? Hört dein Kind immer wieder mal den Satz: „Lass mich die Seite bitte noch zu Ende lesen, dann habe ich gleich Zeit für dich.“? Das macht dein Kind neugierig. Es will auch lesen. Es will auch Spannendes erfahren. So wie du!
Noch einmal bunt zusammengefasst für dich:
Vielleicht möchtest du noch systematischer vorgehen?
Dann probiere es damit:
- Mit manchen Kindern arbeite ich bei mir in der Praxis mit dem Lesetraining von Horst Fröhler. Die Kinder lernen, ohne es zu merken, immer schwieriger werdende Wörter zu lesen.
- Biete deinem Kind ein Leselineal an. Das kannst du ganz leicht selbst basteln: Schneide aus einem gelben oder hellgrünen Tonpapier ein 10 x 2 cm großes Rechteck aus. An einem Ende schneide in der Mitte ein 7 x 20 mm großes Sichtfenster aus. Dein Kind legt dieses Sichtfenster über den Anfang der Lesezeile. Schritt für Schritt fährt es so weiter über den Text.